Alleingebärend und atypisch Alleinerziehend

Ich bin Angelika. Ich bin 41 Jahre alt. Mein Kind ist D. (4,5 Jahre) Und: Ich bin atypisch alleinerziehend.

Mache Pläne und Gott lacht darüber

2019 war ich schwanger. Glücklich schwanger und es sah alles so gut aus. Ich liebte es schwanger zu sein und mein Partner freute sich auch. Nur eine Sache war bei uns ganz anders als bei den meisten. Ich hatte meinen Lebensmittelpunkt in Österreich. Er in Südostasien. Wir hatten eigentlich mit dem Gedanken gespielt mal in hier und mal dort zu leben. Dann kam Corona. Und die Grenzschließungen. Ich war im letzten Flugzeug nach Hause und die Zukunft plötzlich auf einen Schlag völlig unklar.

Von März bis Mai 2020 kämpfte ich mit den Behörden, dass sie den Papa über eine Ausnahme einreisen lassen würden. Denn ich hatte bis dahin nur vor einer Sache Angst gehabt – vor der Geburt. Inzwischen hatte ich auch Angst vor der Zeit nach der Geburt.

Davor alleine mit einem Neugeborenen zu sein, hatte ich keine Angst. Ich hatte meine drei Neffen von Anfang an mit-betreut. Ich hatte Angst davor mit einem riesen Loch im Beckenboden und Neugeborenen alleine einkaufen zu gehen und ohne Lift alles zusammen wieder in den dritten Stock zu schaffen. Ich hatte Angst davor, ganz alleine zu sein, wenn etwas sein sollte. Ich hatte Angst davor, mich zu übernehmen, weil die Hebamme ganz bestimmt sagte: In der ersten Woche nur im Bett, in der zweiten nur um das Bett herumbewegen, in der dritten Wochen nur im Haus herum.

Also kämpfte ich mit den Behörden. Als klar wurde, dass der Papa sicher nicht (rechtzeitig) einreisen können würde, musste ich mich den Konsequenzen stellen. Ich fragte bei allen möglichen und unmöglichen Stellen an, ob jemand helfen kommen könnte. Ich bekam viele Antworten, die aber alle dieselbe Bedeutung hatten: Nein.

Irgendwann ergab ich mich meinem Schicksal. Ich bat meine Eltern, ob ich vor der Geburt und dann mit dem Baby für ein paar Wochen zu ihnen ziehen dürfte. Ich versicherte, dass ich nur nicht alleine sein wolle und gerne mitesse, wenn sowieso gekocht wird. Dieser Gang und dieses Gespräch waren für mich sehr, sehr schwierig, denn ich wollte wirklich nicht zurück zu meinen Eltern. Zugleich musste ich mir eingestehen, dass ich nicht wusste, wie ich die ersten Wochen nach der Geburt überstehen sollte.

Meine Eltern brauchten erst Bedenkzeit, was mich ehrlich gesagt etwas kränkte. Dann sagten sie zu, mit der Bedingung, ich müsste die volle Zeit, die ich im Krankenhaus im Wochenbett verbringen konnte ausnützen. Da waren wir uns einig, das hatte ich sowieso vorgehabt. Warum sie nicht einfach kamen und mir halfen? Meine Eltern waren tatsächlich schon ältere Semester und Risikopersonen in der Pandemie. Das wäre tatsächlich keine gute Idee gewesen.

Es geht los

Als es dann soweit war und meine Wehen einsetzten, brachte uns die Rettung ins Krankenhaus. Damals hatte ich dem Papa gesagt, ich wünsche mir nur eines ganz sicher: Er solle meine Hand bei der Geburt halten. Da war ich nun. Allein.

Die Wehen waren viel, viel schmerzhafter als je gedacht. Die Hebamme schaute nur selten vorbei. Aber Gottseidank hatte sie mir die Geburtswanne eingelassen, da waren die Wehen erträglicher. Ich hätte wirklich jemanden gebraucht, der meine Hand hält. Einfach da ist. Ich rief den Papa über WhatsApp an. Da er aber nicht wirklich life das Ganze miterlebte, war er auch keine Hilfe. Ich legte nach einer Weile wieder auf. Das war noch anstrengender. Da waren wir wieder allein – nur ich und die Schmerzen.

Um halb Sieben war Schichtwechsel. Um diese Zeit platzte meine Fruchtblase und die Wehen wurden so stark, dass ich meinte zu sterben. Endlich klingelte ich mehrfach nach der Hebamme. Endlich kam sie und ich erklärte, was der Stand der Dinge war. Und dann bat ich sie: Bitte lass mich nicht allein! Und sie blieb. Auch weil klar wurde, dass die Geburt in die letzten Meter ging. Ich war einfach dankbar nicht mehr alleine zu sein und dass mir jemand sagte, was ich tun sollte. Die Schmerzen waren immer noch gleich wild, aber ich fühlte mich weniger hilflos und alleingelassen.

Der Papa hatte wohl eine Eingebung, er rief genau richtig nochmal an. Um halb Acht gebar ich dann mein Kind. Als ich es das erste Mal sah, fühlte ich nicht die Liebe, die ich erwartet hatte, sondern eine die sagte: Genau so ist es richtig. Das Baby wurde mir auf den Bauch gelegt und der Papa hatte es geschafft, genau diesen Moment über WhatsApp zu screenshoten. In meinem Gesicht sieht man meine Erschöpfung. Auf dem Weg in die Wöchnerinnen-Station wäre ich noch fast kollabiert.

Das Wochenbett im Krankenhaus war für mich dringend notwendig. Mein ganzer Körper fühlte sich an, als wäre ein Laster über mich gefahren. Ich genoß die Führsorge der Pfleger:innen. Und ich war einfach froh, dass ich danach einen Platz mit meinem Baby hatte und nicht alleine sein musste.

Der Rest ist Geschichte.

Der Papa bekam dann doch eine Ausnahme-Einreisegenehmigung. Leider drei Monate zu spät. Er lernte sein Kind auf dem Flughafen kennen. Er lebt immer noch dort und ich hier, aber wir wechseln uns ab mit besuchen. Inzwischen arbeitet er daran, mehrere Monate jedes Jahr hier zu sein. Das ist gut. Hilfe kann ich gut gebrauchen.

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