Ich bin Claudia, 35 Jahre alt, alleinerziehende Mama eines Jungen, der bald fünf Monate alt wird.
Der Vater meines Sohnes und ich waren gerade frisch verliebt, als wir im Januar letzten Jahres einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielten. Lachend standen wir im Badezimmer meiner Wohnung, scherzten über „unser Werk“ und waren gleichzeitig überwältigt von den Gefühlen, die uns durchströmten. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch – und nun auch ein kleines Wunder. Wie gesegnet ich mich damals fühlte! Gesegnet, ein Baby bekommen zu dürfen. Auch er wollte dieses Kind unbedingt, und die Freude über das kommende Leben war grenzenlos. So begannen wir, uns auf das neue Kapitel vorzubereiten: Wir hielten Ausschau nach einer passenden Wohnung, überlegten, welches Karenzmodell am besten für uns wäre, und stöberten durch die Babyabteilungen der Einrichtungshäuser. Doch je weiter meine Schwangerschaft fortschritt, desto deutlicher wurde, dass wir als Paar nicht zusammenbleiben würden. Die Konflikte häuften sich, das Vertrauen schwand zunehmend. Wir waren nicht mehr in der Lage, auf die Bedürfnisse des anderen einzugehen und flüchteten immer mehr voreinander. Schließlich trennten wir uns. Dennoch versuchten wir damals, als Eltern-Team zusammenzubleiben, und suchten gemeinsam eine Therapeutin auf. Doch auch dieser Versuch scheiterte bald, und irgendwann war keine Kommunikation mehr zwischen uns möglich. Und ich – ich stand plötzlich alleine da. Im fünften Monat meiner Schwangerschaft. Hinzu kam: Den Kontakt zu meiner eigenen Familie hatte ich vor Jahren abgebrochen, und von seiner Familie war keine Unterstützung zu erwarten. Was ursprünglich so voller Leichtigkeit begonnen hatte, war nun ein schwerer Rucksack voller Ängste und Sorgen, den ich ab sofort alleine tragen musste.
In Not geraten
Das Wort „Funkstille“ stammt ursprünglich aus der Schifffahrt: Wenn ein Schiff in Not gerät, schalten die umliegenden Schiffe den Funkverkehr ab, um die Notsignale besser empfangen zu können. Auch ich war in Not und brach den Kontakt zum Vater meines Kindes ab. Oft weinte ich mich in den Schlaf und machte mir selbst Vorwürfe. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, in dieser Situation auf die Pause-Taste drücken zu können, um zu verstehen, was gerade passiert war und mich neu zu sortieren. Aber eine Pause- oder Reset-Taste gibt es in der Schwangerschaft nicht. Der Bauch wächst, der Geburtstermin rückt näher. Und obwohl alles anders kam, als ich es mir vorgestellt hatte, gab ich mir und meinem Baby damals ein Versprechen: „Uns beiden soll es gut gehen, egal was kommt!“
Ein Kind der Liebe und des Lebens
Wochen später saß ich in einem Geburtsvorbereitungskurs mit ein Dutzend anderer werdender Mütter und deren Partner. Bei einer Übung sollten wir Frauen erzählen, wer welche Aufgaben im Haushalt übernimmt. Ich war als Letzte dran und begann mit den Worten: „Mein Kind ist ein Kind der Liebe und des Lebens!“ Ich war schon im neunten Monat und erzählte den anderen von meiner Situation. Ich erklärte, warum nicht der Vater mit mir hier im Kurs war, sondern eine Freundin. Ich erzählte, wie ich die letzten Wochen damit verbracht hatte, ein ganzes „Dorf“ für das kleine Wesen zusammenzutrommeln, das bald geboren wird. Wie ich mit einer Freundin statt mit meinem Partner das Beistellbett und die Wickelkommode in den vierten Stock schleppte und zusammenbaute. Wie ich Einkäufe mit Freunden organisierte, mich mit einer Doula statt mit einem Partner auf die Geburt vorbereitete und lernte, im „Andersmachen“ nicht einen Fehler, sondern eine riesige Chance zu sehen. Ich erzählte, wie dieses Kind, das ich noch nicht einmal in den Händen hielt, mich schon viel gelehrt hatte. Es hatte mir gezeigt, dass es im Leben keine Sicherheiten gibt. Sicherheit ist keine Kategorie, nach der wir unser Leben ausrichten können. Alles, was wir haben, ist das Hier und Jetzt. Und das ist auch eine enorme Kraft – die Kraft, dieses Hier und Jetzt zu gestalten. Was mir dieses kleine Wesen auch schon beigebracht hatte: Wo eine Tür zugeht, öffnen sich zwei neue! Ich erzählte den anderen werdenden Müttern, dass es bei mir nicht darum ging, wer welche Aufgaben im Haushalt übernimmt, sondern darum, wie es sich anfühlt, wenn man es ohne Partner macht. Welche Chance darin liegt, es nicht perfekt zu machen, sondern es so zu tun, wie das Leben es einem manchmal vor die Füße wirft. Das war mein Beitrag für die Gruppe, und ich merkte, wie wichtig es war, das mit den anderen Frauen zu teilen. Nach dem Kurs kam eine werdende Mutter zu mir und sagte: „Claudia, für mich bist du eine Heldin, denn du zeigst, dass man es als Mama auch ohne einen Partner schaffen kann!“
Von Anfang an habe ich mich nie als alleinerziehende Mutter gesehen. Denn ich war nie allein. In meiner Not hatte ich ein ganzes Dorf zusammengetrommelt – und dieses Dorf kam zu mir und meinem Baby. Das Wort „alleinerziehend“ benutze ich bis heute nicht. Stattdessen habe ich für mich ein passenderes Wort gefunden – darüber werde ich in meinem nächsten Blog schreiben.
Fühl dich umarmt, wenn du gerade auch in einer schwierigen Situation bist!
Alles Liebe, Claudia